Multipolar: 15-08-2024,

Volker Boehme-Neßler: Richter hätten Fakten selbst ermitteln müssen / Viele Grundrechtsverletzungen verfassungswidrig – aber Verfassungsgericht blieb untätig / RKI war in Corona-Krise Instrument, um „Öffentlichkeit zu manipulieren“

15. August 2024

Berlin / Oldenburg.

(multipolar)

Der Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler hat seinen Kollegen in der deutschen Justiz umfassendes Versagen während der Corona-Krise bescheinigt. Gerichte hätten sich auf das Robert Koch-Institut (RKI) „als entscheidende und oft einzige Informationsquelle“ gestützt, obwohl die Richter wussten, dass das RKI eine weisungsgebundene Behörde ist, kritisierte der Professor von der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg in einem Interview mit dem Online-Magazin „Nachdenkseiten“. (15. August) „Die Urteile, die sich ausschließlich auf Informationen des RKI stützen, sind – man muss es so hart sagen – Fehlurteile.“

Die veröffentlichten RKI-Krisenstabsprotokolle zeigten, wie „direkt und intensiv“ die jeweils amtierenden Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) auf das RKI eingewirkt haben, erklärte Boehme-Neßler. Das RKI habe wichtiges Wissen zu Pandemie und Impfstoffen vor der Öffentlichkeit zurückgehalten und habe sich von der Bundesregierung als „Instrument zur Manipulation der Öffentlichkeit“ benutzen lassen. Durch die Veröffentlichung der RKI-Protokolle sei klar geworden, wie „irreführend“ und „teilweise falsch“ die Informationen des RKI waren, auf die sich die Gerichte, wie etwa das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung zur Bundesnotbremse und zu den Schulschließungen, gestützt hatten.

Es wäre laut Amtsermittlungsgrundsatz die Pflicht deutscher Verwaltungsgerichte gewesen, in Prozessen zu Corona-Maßnahmen selbstständig Sachverhalte zu ermitteln, erläuterte Boehme-Neßler. Dazu hätten sich die zuständigen Richter auch mit den Argumenten der Kritiker auseinandersetzen müssen.

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